(C) Gabi ZimnyWie … du jammerst nicht?
Nicht mal ein bisschen?

Und nicht einmal übers Wetter?

Achso, dass das Klima im Klimakterium steckt und wir im Winter bei +10 Grad im Regen versauern, das ist kein jammern sondern beschweren.

Ja, stimmt, da gibt es schon einen Unterschied. Denn wenn wir jammern bedeutet dass, das wir gerade unzufrieden sind, aber selbst daran schuld sind. Und wir könnten daran selbst was ändern.

Wenn wir uns beschweren, bedeutet dass, dass wir gerade unzufrieden sind, aber … die anderen sind schuld und sollen gefälligst was ändern.

„Ich? … Nein, ich jammere nicht …. Ich doch nicht … naja, ab und zu beschwere ich mich über das Wetter, die hohen Spritpreise oder die rücksichtslosen Mitmenschen.
Wieso verdient die Kasulke mehr Geld als ich?
Dabei kommt die doch überhaupt nicht aus den Puschen.
Wenn´s um neue Aufgaben geht ist die Kasulke immer grad nicht da. Wenn ich mal nach Hilfe frage, hat sie immer ganz wichtige Projekte, die sie noch fertig stellen muss und dass sie sowieso keine Zeit hat. Aber ´ne halbe Stunde am Kaffeeautomaten mit 2 Kollegen aus dem Vertrieb schäkern, dafür hat sie Zeit.
Nebenher läuft noch Skype auf ihrem PC. Immer wenn die schnellt tippt, 1 Minute Ruhe ist, wieder schnell tippt, 1 Minute Pause, Grinsen auf dem Gesicht, schnell tippen, dann weiß ich, die tippt keine E-Mail, die chattet. Dann ruft noch zwischendurch der Mann oder die pubertierende Tochter auf ihrem Handy an. Besser noch per What´s App. Ich kann das Gepiepse von den ankommenden Nachrichten nicht mehr hören. „ Na Schätzchen, wie isset denn? Bisse fleißig? … Wo gehen wir denn heute abend Essen?“

Da krieg ich Zustände.
Wie soll ich da in Ruhe konzentriert arbeiten? Vor allem seit die Marlene aus der Buchhaltung mir gesteckt hat, das die Kasulke ein paar 100 Euros mehr im Säckel hat als ich. Das geht gar nicht.
Die arbeitet doch kaum. Und wenn doch, dann hat sie noch die Hälfte vergessen und ich muss hinterher noch nachbessern. Selbst x-mal erklären hat bei ihr nicht gefruchtet. Die hat einfach keinen Durchblick. Und kriegt dafür auch noch mehr Geld als ich. Ich versteh´s nicht. Aber jammern, nein … ich doch nicht.
Das sind doch Fakten, da geht´s nicht ums Jammern. Die soll mal ihren Arsch bewegen und ihre Arbeit vernünftig machen. Wofür verdient die mehr Kohle als ich?“

So oder ähnlich gehört?

Die anderen sind schuld. Die anderen sollen was ändern.
Sich beschweren bringt eh nichts. Da jammern wir lieber bei unseren Freunden, wie schwer wir es haben.
Das ändert zwar nicht die Situation, zumindest aber eine Zeitlang die Aufmerksamkeit der Freunde. Und die Gewissheit, dass der andere jetzt weiß „Ohne mich bricht der Laden zusammen.“

Auch gerne genommen im Jammertal:
Der Partner.
Wie sehr sich der Partner gehen lässt und wie wenig Aufmerksamkeit wir bekommen. Wie eintönig alles geworden ist. Früher, ja früher, da war alles schön. Der Partner soll sich doch bitteschön ändern, damit alles wieder so schön wird wie früher.
Aber jammern, nein … ich doch nicht.

Dafür haben wir Freunde.
Die hören zu.
Schenken uns für ein paar Minuten, Stunden, vielleicht sogar Tage, die Aufmerksamkeit und Anerkennung, die wir woanders nicht bekommen: Was wir doch alles durchmachen und aushalten.

Was wäre, wenn
wir nicht mehr jammern, sondern zufrieden den Tag gestalten und erleben?

Wir hätten keinen Gesprächsstoff mehr.

„Du Elfriede, mir geht´s richtig gut. Die Kollegen arbeiten alle fleißig mit. Mein Partner bringt den Müll raus, bügelt seine Hemden und bringt mir jeden Freitag Blumen mit. Wie schon die letzten 3 Monate. Toll.“

Tja, was soll der andere da noch erwidern, außer vielleicht ein wenig sprachlos und neidisch drein gucken?
Vielleicht kommt auch ein „WOW … du hast ein Glück.“

Über was will man bei soviel Glückseligkeit stundenlang diskutieren? Da gibt es nix zu diskutieren. Das Gespräch endet hier. Oder man kriegt noch die Kurve:
„Das freut mich für dich. Hast du schon von der durchgeknallten Nachbarin 10 Häuser weiter gehört? Also was die letztens für ´ne Schote gebracht hat. Geht gar nicht. Also da war die doch tatsächlich ….“

Schwups … schon ist das Thema Glück durch. Die Anerkennung bleibt da eher dürftig.

Manchen Freundschaften würde ganz schnell die Gesprächsgrundlage fehlen und im Sande verlaufen, weil man merkt, man hat sonst keine Themen.
Oder niemanden dem es noch schlechter geht als mir.

Drum prüfe ob die Freundschaft hält, wenn einer denn das Jammern lässt.